Menschenmenge in der Haupthalle im Hintergrund eine große Uhr und der Schriftzug Restaurant

Beteiligung am Flughafen Tempelhof seit 2008

Der Flughafen Tempelhof ist einer der größten Entwicklungsprojekte in Deutschland. Die Grundsanierung des gewaltigen Denkmals wird mehrere Jahrzehnte brauchen und Milliarden Euros kosten. Selbstverständlich ist ein solches Projekt immer wieder Thema von Diskussionen und auch Streit, dabei steht der Erhalt des denkmalgeschützten Ensembles nicht in Frage. Diskutiert wird aber immer wieder über die richtige Nachnutzung des Infrastruktur- und Industriebaus, der seit der Einstellung des Flugbetriebs 2008 seine originäre Nutzung verloren hat.

Der Flughafen Tempelhof, ein klassisches Konversionsprojekt

Der Flughafen Tempelhof ist in dieser Hinsicht keine Besonderheit. Konversion - wie diese Art der Umnutzung in der Stadtentwicklung genannt wird - ist ein Jahrhunderte altes Thema. In den meisten Fällen solcher Konversionsprojekte handelt es sich um ehemalige Industrie-, Gewerbe-, Infrastruktur- oder Militäranlagen, die in eine neue Nutzung überführt werden. Überall auf der Welt sind ganze Stadtteile auf ehemaligen Militär, Bahn- oder Hafenanlagen entstanden – oft mit einer spannenden Mischung aus Bestandsgebäuden und modernen architektonischen Ergänzungen. Häufig sind die Areale bis zur Aufgabe ihrer originären Nutzung weitgehend aus dem öffentlichen Bewusstsein ausgeblendet. Zwar kennen die Menschen die Geschichte und Bedeutung des Ortes – das war mal ein Hafen, eine Fabrik oder eine Kaserne, in denen dies oder das passiert ist. Die Orte selbst waren über viele Jahre oder Jahrzehnte jedoch nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Man fährt an ihnen vorbei, sieht sie und kennt sie vielleicht, aber es sind weiße Flecken auf unseren mentalen Stadtplänen. Kernaufgabe von Konversionen ist es daher, nicht nur neue Nutzungen und eine neue Identität zu entwickeln, sondern auch die Trennung zwischen der Umgebung und den Arealen selbst zu überwinden.

Der Flughafen Tempelhof – als Gesamtheit aus dem großen Flughafengebäude, seinen Nebengebäuden und dem Flugfeld – ist ein eben solches Konversionsprojekt, dass sich in unterschiedlichen Entwicklungszuständen befindet.

Ein neuer Großflughafen für Berlin läutet das Ende des Flughafens Tempelhof ein

Mit der Planung eines neuen Großflughafens für die Metropolregion Berlin Brandenburg Anfang der 1990er Jahren zeichnet sich die Schließung des Flughafens ab. Es beginnt eine breite und bis heute anhaltende Diskussionen über die Zukunft des Areals. Die Diskussion bewegt sich dabei in Wellen, wird mal lauter und heftiger und pausiert für einige Zeit fast komplett. Diese Diskussionen – von öffentlichen Stellen oder zivilgesellschaftlichen Gruppen initiiert – sind Ausdruck eines Wunsches um Beteiligung an der zukünftigen Entwicklung des Flughafens Tempelhof. Als Beteiligung im planerischen Diskurs wird in der Regel eine formalisierte und an den Entwicklungsprozess gebundene Form bezeichnet. Also keine selbstinitiierte, sondern eine zur Teilnahme auffordernde Beteiligung in mehr oder weniger formalisierten Prozessen.

Beteiligung am Flughafen Tempelhof gibt es also schon seit den 1990er Jahren, als Feld und Gebäude noch eine planerische Einheit bildeten. Die Beteiligung verlief in verschiedenen Etappen, mit vielfältigen Formaten, immer an den aktuellen Planungsstand anknüpfend und mit dem Ziel, Informationen zu vermitteln, strittige Themen auszuhandeln und Input für eine Weiterentwicklung zu sammeln.

Kapitel der Beteiligung

Die folgende Übersicht zur formalisierten Beteiligung fokussiert auf die Zeit seit der Einstellung des Flugbetriebs im Oktober 2008.

Entwicklungsperspektiven mitten in Berlin (2008-2014)

Das Jahr 2008 markiert einen bedeutenden Wendepunkt in der Geschichte THFs: Der Flugbetrieb wird eingestellt, das Gebäude verliert seine originäre Funktion. Das Land Berlin strebt eine Randbebauung des Tempelhofer Felds mit Fokus auf neuen Wohnraum an. Unter Mitwirkung zahlreicher Akteur:innen der Stadtgesellschaft und Fachwelt soll der Flughafen Tempelhof mit dem einprägsamen Flughafencode “THF” zu einem neuen Stadtteil weiterentwickelt werden. Zeitgleich bemühen sich Initiativen darum, freigewordene Flächen als Pionier:innen temporär zu bespielen. Nach lebhafter Diskussion entscheiden die Berliner:innen per Volksentscheid, das Flugfeld nicht zu bebauen. 

Das Flughafengebäude rückt in den Fokus (2014-2017)

Mit der Eröffnung des Tempelhofer Feldes als öffentliche Parkanlage wurden Gebäude und Feld voneinander durch Zäune getrennt. Die 2011 gegründete städtische Entwicklungsgesellschaft Tempelhof Projekt GmbH hat mit dem Tempelhofer Feld Gesetz eine neue Aufgabe: Das Flughafengebäude unabhängig vom Flugfeld zu entwickeln. Die weitere Entwicklung des Tempelhofer Felds verantwortete fortan die Grün Berlin GmbH im Auftrag der heutigen Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt (SenMVKU). 

Das Flughafengebäude soll weiterhin von der Verwaltung genutzt werden, etwa für die Polizei Berlin. Durch die Unterbringung von geflüchteten Menschen in den Flugzeughangars ab 2015 wird das Gebäude zum Ort gesamtgesellschaftlicher Verantwortung. Wie bereits mehrfach zuvor in seiner bewegten Geschichte als Ort großer Solidarität in Berlin. Die öffentliche Beteiligung ruht in dieser Phase größtenteils.

Mit der Stadtgesellschaft zum Zukunftsort (2017-2019)

Der erste Tag der offenen Tür im Jahr 2017 läutet ein neues Kapitel der Beteiligung ein. Gemeinsam mit Politik und Stadtgesellschaft werden Ideen und Visionen zur Nachnutzung des Gebäudes entworfen. Das Arbeitsgremium – ein Kreis aus sechs Bürger*innen und je einer Vertreter*in der Tempelhof Projekt GmbH, des THF-Beirats sowie der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen – initiiert eine Öffnung des Gebäudes durch Festival-Formate. In kooperativen Verfahren entwickeln Initiativen wie Torhaus e.V. oder Floating e.V. mit Unterstützung der Berliner Politik Randbereiche des Areals zu Innovationslaboren. Der THF-Beteiligung fehlen allerdings tragfähige Rahmenbedingungen – etwa ein klarer Gegenstand und ein Ziel – sie kommt vorerst zum Erliegen.

Die Weichen für den Wandel stellen (ab 2019)

Beteiligung braucht ein klares Ziel. Deshalb arbeitet die Tempelhof Projekt GmbH seit 2019 an den dafür notwendigen Weichenstellungen. Und es geht Schritt für Schritt voran: Der Berliner Senat beschließt die Vision 2030+. Überdies eröffnen Leuchtturmprojekte wie das Besucherzentrum CHECK-IN und der THF TOWER. Kooperationsprojekte locken weiter viele Menschen in das Gebäude, alte und neue Akteur*innen bringen sich in die Diskussion um die Zukunft des Gebäudes ein. 2024 wurde die kooperative Sanierung des Torhauses abgeschlossen. 

Im Juli 2024 startet zuletzt das Verfahren Dialogprozess Tempelhofer Feld. Rund 250 Berlinerinnen und Berliner wurden ausgelost und zur Teilnahme eingeladen. Ziel des Dialogs ist es, vielfältige Perspektiven für das Tempelhofer Feld aufzuzeigen. In den insgesamt drei Dialogwerkstätten sind die ausgelosten Berlinerinnen und Berliner eingeladen, gemeinsam Empfehlungen zu entwickeln. Diese fließen in einen anschließenden internationalen, planerischen Ideenwettbewerb ein.

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