Der etwas andere Winterdienst
Mit rund 60.000 Quadratmetern verfügt das historische Flughafengebäude über riesige Dachflächen. Doch das Gebäude ist über 80 Jahre alt und große Teile der Dächer sind sanierungsbedürftig. Untersuchungen haben ergeben, dass die Hangardächer in verschiedenen Bereichen nur eine begrenzte Auflast zulassen. Bei starkem Schneefall droht also die Tragfähigkeit eine kritische Dimension zu erreichen.
Das Team des Facility Managementbereichs der Tempelhof Projekt hat deshalb im Winter ein besonderes Augenmerk auf die Dächer des Flughafens. Zusammen mit dem Dienstleister WISAG Garten- und Landschaftspflege Berlin greifen sie ein, sollte einmal zu viel Schnee fallen. Ob dann geräumt werden muss oder nicht, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab, z.B. von der Dauer des Schneefalls, der gefallenen und zu erwartenden Schneehöhe und der Beschaffenheit des Schnees.
Es braucht einen guten Plan
Glücklicherweise ist nicht das komplette Dach des Flughafens gleichermaßen anfällig für hohe Schneelasten. Carsten Wendland, zuständiger WISAG-Bereichsleiter:
„Es werden jeweils nur die Bereiche geräumt, in denen die Schneelast droht, kritisch zu werden. Ein Warnsystem aus speziellen Schneewaagen auf dem Dach schlägt per Datenverbindung Alarm, wenn festgelegte Grenzwerte überschritten werden.“
Daneben dient ein von Wendland erstellter Schneeräumungsplan, der speziell auf die Dachflächen des Flughafen Tempelhof zugeschnitten ist, als schnelle Entscheidungshilfe für die Arbeiter, um gefährdete Dachteile zügig zu räumen. Der erforderliche Personaleinsatz richtet sich dann nach konkreter Situation und Wetterlage. Je nach Schneehöhe können es aber bis zu 30 Personen sein. Ergibt die Lagebeurteilung, dass eine Schneeräumung notwendig ist, kommen die Experten zum Einsatz.
Alles Handarbeit

Das Räumungsteam muss eine gute Konstitution mitbringen, denn technische Geräte werden auf dem Dach nicht benutzt. Die gesamte Räumung ist reine Handarbeit. Doch bevor es losgeht, werden die Laufwege freigemacht, um ein gefahrenfreies Bewegen des Personals zu ermöglichen. Gefährdete Bereiche dürfen nur einzeln und gesichert betreten werden. Nachdem die Laufwege gestreut wurden, wird streifenweise von hinten nach vorne geräumt, um das Gewicht zu verteilen und Haufenbildungen zu vermeiden. Im Bereich der Hangardächer wird, entsprechend der Neigung des Daches, der Schnee bis zum Vordach heruntergeschippt. Danach können ihn die Arbeiter vom Vordach auf das Vorfeld schippen, wo spezielle Abwurfzonen abgesperrt wurden. Auf Höhe des überdachten Vorfeldes, dort wo auch der „Rosinenbomber“ steht, ist ein anderes Vorgehen notwendig: Hier müssen die vorhandenen Schneerutschen benutzt werden, um das vorgelagerte Dach zu überwinden.
Höchste Sicherheitsanforderungen
Weil dieser Arbeitsort über den Dächern Berlins nicht ungefährlich ist, sind die Sicherheitsanforderungen extrem hoch. Der Schutz des Einsatzpersonals muss bei der Schneeräumung auf dem Flughafendach an erster Stelle stehen. Die Verantwortung, dass alle Arbeiten sicher ausgeführt werden, trägt Robert Strecker. Er ist der Vorarbeiter des Schneeräumungsteams auf dem Flughafendach. Er plant und koordiniert die Kletterer und Helfer, überprüft die Sicherungsmaßnahmen, kontrolliert die Abwurfzonen und misst die jeweiligen Schneehöhen. Strecker verdeutlicht:
„Der Arbeitsschutz ist in unserem Beruf sehr wichtig. Darum tragen wir eine PSA (persönliche Schutzausrüstung) gegen Absturz. Des Weiteren sind auf dem Dach viele Ankerpunkte zur Absturzsicherung. Natürlich kann diese Arbeit auch nicht jeder machen. Es ist mindestens die Industriekletterausbildung Level 1 erforderlich.“
Zusätzlich gewährleisten sogenannte Schneefahnen ein sicheres Bewegen auf der schneebedeckten Dachfläche.
Knochenjob mit Vorzügen

Fachlich ist die Arbeit auf dem Dach eine echte Herausforderung. Robert Strecker:
„Es gibt viele absturzgefährdete Bereiche und auch die statischen Bedingungen sind nicht überall gleich. Hinzu kommt viel Wind und Schneeverwehungen, die einem die Arbeit erschweren können.“
Dennoch ist dieser Arbeitsort auch für erfahrene Industriekletterer ein echtes Erlebnis. Denn in gut 14 Metern Höhe werden die Arbeiter für ihren körperlich schweren Einsatz mit einem atemberaubenden Ausblick über Berlin belohnt.